Verkörperte Spiritualität, körperbasierte Spiritualität, das ist die Art von Spiritualität um die es hier geht. Ich nenne es gelebte Spiritualität und Alltagsspiritualität.
Denn es geht darum, das Hier und Jetzt, das Materielle, Körperliche mit in die Spiritualität miteinzubeziehen – als Teil des spirituellen Weges zu sehen. Das heißt, es geht also nicht darum, dass der Geist über die Materie siegt. Dass mensch sich vergeistigt. Nur noch im Kopf lebt oder sich wegmeditiert.
Es geht darum, Spiritualität ganzheitlich zu sehen und im Körper zu verankern, zu fühlen und auszudrücken. Damit wir eine gesunde ganzheitliche Erfüllung erleben, die im Körper zu fühlen ist. Allumfassendes Glück im Kleinen und im Großen, das nicht auf Meditation beschränkt ist.
Ich kann mir vorstellen, dass tatsächlich auch spirituelle Schulen und Ansätze, die heute oft so verstanden werden, dass das Körperliche überwunden werden muss, nicht ausschließlich so zu verstehen sind oder vielleicht auch irgendwo den Körper miteinbeziehen. Aber um es ganz klar zu sagen, in der embodied spirituality, wie wir sie hier verstehen, geht es nicht um Disziplin, nicht um Entbehrung, nicht darum, in ein Kloster einzutreten, der Welt zu entsagen.
Hier geht es um gelebte lebbare Spiritualität, die im modernen Alltag verankerbar ist, die uns rückverbindet zu unserem Körper, zu unseren Sinnen, der Natur. Eine spirituelle Praxis, die Alltagsverpflichtungen mitberücksichtigt, die Familienarbeit mit berücksichtigt, die auf Freude und Leichtigkeit auf Lebendigkeit ausgelegt ist mit heilender Tiefe.
Es geht darum, das Leben voll zu leben auf eine gesunde erfüllende freudvolle Art, die nicht selbstzerstörerisch ist.
Tatsächlich sehe ich das als unser aller vorangingen Lebenssinn: ein erfüllendes Leben leben.
Und das heißt, dass ich meine echten Bedürfnisse befriedigen kann, keine Ersatzbefriedigungen brauche, dass ich im Leben schwimme, nicht dagegen kämpfe. Dass ich mich komplett annehme, ganz in meinem Körper lebe und meinen Körper als einen Teil meines spirituellen Seins ehre.
Natürlich kann dies auch die Sehnsucht nach Erleuchtung beinhalten und ich kann mir vorstellen, dass Erleuchtung ein Weg ist, um diesen Zustand zu erreichen – aber es macht keinen Sinn, für den Weg zur Erleuchtung auf alles zu verzichten und sich zu kasteien. Und das schöne, erfüllende erfüllte Leben ist nicht nur für Erleuchtete verfügbar: Es ist unser aller Möglichkeit gelebter Spiritualität. Es kann heute anfangen. Stückchenweise und Tag für Tag schöner und voller werden.
Denn wir alle haben alles, was wir dafür brauchen. Wir können lustvoll Möglichkeiten, die unser Körper und Geist im Zusammenspiel mit der Seele birgt, erforschen.
Embodied Spirituality könnte man auch so beschreiben: Ein Seelenvolles Leben. Ein materielles Leben, das ich ganz auskoste und in dem ich mich von meiner Seele leiten lassen.
Das ist das, was ich in meiner Inkarnation möchte: Das materielle Leben erforschen und auskosten auf gesunde ganzheitliche Weise, im Einklang mit meiner Seele.
Weibliche Spiritualität
Weibliche Spiritualität ist, wenn Frauen eine körperbasierte Spiritualität leben – denn dann geht es also um Spiritualität im Frauenalltag, im Frauenkörper. Um weibliche Mysterien wie Menstruation, Schwangerschaft, Geburt, Wechseljahre und Menopause. Um Lebensspezifika der Frauen als zusätzliche Facette des erfüllten Lebens.
Dann geht es um Schwesternschaft, Frausein, weiblich Göttliches, Göttin.
Es geht auch darum, die eigene wilde Weiblichkeit zu finden und zu leben, um die spirituellen und praktischen Herausforderungen der einzelnen Lebensabschnitte – eben gelebte körperbasierte weibliche Spiritualität. Das ist unser Thema hier, unsere Gemeinsamkeit.
Ein Seelenvolles Leben zu leben bedeutet ja genau das – in unserem Körper und mit unseren spezifischen Voraussetzungen und Themen das materielle Leben auszukosten.
Exkurs: integrativ
Ich habe das letzte Jahr immer wieder darüber nachgedacht, dass ich mit meiner Definition von Frausein über den Frauenkörper ja Ausschlüsse generiere / fermentiere und ich in der Denkweise unseres Jahrhunderts vielleicht noch nicht angekommen bin. Selbstverständlich sind Transfrauen Frauen. Was also bedeutet das dann für die gelebte verkörperte weibliche Spiritualität? Ganz ehrlich – ich weiß es nicht im Detail, denn ich bin eine Cis-Frau und meine Lebenserfahrung und meine spirituelle Erfahrung basiert darauf. Ich weiß aber, dass wahre Spiritualität natürlich verbindend ist und integrativ und per Definition nicht ausschließen oder abtrennen kann. Wenn also Spiritualität auch Verkörperung ist, dann geht es vielleicht darum, unser Bild dessen, was alles ein Frauenkörper sein kann, zu erweitern und die Mysterien darin zu entdecken. Oder es geht schon um den nächsten Schritt, der jenseits von weiblich und männlich nur noch menschliche Körper kennt – auf eine gesunde, integrative gleichberechtigte untoxische Weise.
Alltagsspiritualität
Spiritualität hat überall Raum und gehört in unseren Alltag – beseelt unseren Alltag. Sie ist aber auch alltäglich. Das heißt, gelebte Spiritualität ist nicht immer spektaktulär. Gerade in unserem Zeitalter der grandiosen Bilder erwarten wir manchmal Specialeffects, mit Musikuntermalung. Aber die Realität ist bescheidener. Die Specialeffects finden meist im Inneren statt inklusive der Musikuntermalung – aber eben auch lang nicht immer.
Gelebte Spiritualität kommt unspektakulär daher. Schon alte Sprichworte und Lehrgeschichten aus dem asiatischen Raum weisen uns darauf hin: auch nach einer Initiation muss Wasser und Feuerholz geholt werden. Auch als spiritueller Mensch arbeiten wir, kümmern uns um den Haushalt, haben Familie. Aber all das steht der Spiritualität nicht entgegen sondern kann Teil der gelebten Spiritualität sein und einen Platz darin finden. Das ist das wahre Wunder, auch wenn es als Foto nicht funkelt.
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